Sympathische Aktivierung - akute Stressreaktion

In diesem Artikel erkläre ich Ihnen:
– Weshalb es Sinn ergeben kann einen Blick in die Kindheit zu wagen
– Welche Bindungstypen es gibt
– Was das die einzelnen Bindungstypen ausmacht
– Welche Herausforderungen sie mit sich bringen
– Wie kindliche Bindung uns fürs Leben prägen kann
– Wie man (therapeutisch) dagegen steuern kann

Weshalb es Sinn ergeben kann einen Blick in die Kindheit zu wagen
Ich arbeite sowohl lösungsorientiert als auch provokativ mit meinen Klientinnen und Klienten. Beide Therapiemethoden sind auf das Jetzt und auf die Zukunft gerichtet und zielorientiert. Sie fragen: was möchte ich erreichen und was sind die Schritte um dies zu erreichen? In beiden Therapierichtungen kramt man nicht in der Kindheit, und versucht anhand von einzelnen Schlüssel-Erlebnissen das ganze Leben zu erklären.

Gleichzeitig sind wir Menschen mit einer Biografie und was wir in der frühen Kindheit erlebt haben prägt uns.
Das hat jedoch nichts mit einzelnem Schlüsselerlebnis zu tun, sondern mit einer langen Reihe von Erfahrungen – über viele Jahre. Dazu gehört auch die Art und Weise wie wir als Kinder unsere Bezugspersonen und Sicherheit erfahren haben.

Deswegen gehe ich heute auf die vier Bindungstypen aus der Kindheit ein und möchte Sie einladen: schauen Sie mal wo sie sich einsortieren würden. Welche Art von Bindung
haben sie erlebt? Und was könnten Überbleibsel aus dieser Erfahrung im heute sein?

Welche Bindungstypen es gibt

Typ A = Unsicher vermeidende Bindung

Typ B = Sichere Bindung

Typ C = Unsicher ambivalente Bindung

Typ D = Desorganisierte Bindung

Was das die einzelnen Bindungstypen ausmacht 
Ich beginne mit Typ B, weil es sich hierbei um das Ideal handelt. Also das Beste, was sich Eltern für ihr Kind wünschen können, eine sichere Bindung. Wenn ich schreie, dann kommt Hilfe, wenn ich falle, dann richtet man mich auf und wenn ich weine, dann werde ich getröstet. Es ist immer jemand da und meine Bedürfnisse sind diesen jemand sehr wichtig. Die Person kann vielleicht nicht alles wieder gut machen und mein Knie schmerzt nach dem Aufprall immer noch, aber ich werde emotional versorgt.
Diese Menschen haben einen super Start ins Leben und haben viele Chancen als Erwachsene glücklich zu sein und selber für sich gut sorgen zu können.

Typ A: Unsicher vermeidende Bindung: ist das Gegenteil – könnte man sagen. Das Kind hat die Erfahrung gemacht, dass niemand kommen wird wenn man ruft und dass keiner trösten wird, wenn man sich erschrocken oder verletzt hat. Das heißt, dass die Kinder schon sehr früh lernt, sich selbst um ihre eigenen Bedürfnisse kümmern zu müssen. Und jetzt wird es spannend. Denn dieses kümmern um sich selber funktioniert. Natürlich ist es hart und überfordert wenn ein Kind solche Erfahrungen macht, aber als Erwachsene sind diese groß Kinder durchaus lebensfähig.

Natürlich haben sie Bindungsdefizite, sie sind oft ich-zentrisch, wirken wortkarg, sachlich und wenig emotional lebendig. Eigenen Emotionen werden nicht gezeigt. Hier kann es zu zwischenmenschlichen und psychischen Problemen kommen.

Typ C = Unsicher ambivalente Bindung, auch hier haben wir eine negative Bindungserfahrung, genau wie bei der vermeiden Bindung, es kommt aber noch ein bisschen perfider daher, denn wir haben hier eine Kombination aus gut und nicht gut. Die Bindungsperson hat nämlich widersprüchlich reagiert: manchmal wurde positiv und stabil und angemessen auf das Bedürfnis des Kind eingegangen und manchmal nicht. Manchmal wurde angemessen gelobt und manchmal nicht. Entweder wurde man nicht beachtet oder man hat sogar noch eins drauf bekommen. «Stell dich
nicht so an, dass es nur eine kleine Schramme, warum musstest du auch rennen.» Oder wurde aus dem Nichts angeschrien und bestraft. Viel Willkürlichkeit. Unberechenbarkeit.

Auf diese Weise wusste das Kind nie woran es eigentlich beim nächsten Kontakt sein wird. Das hat aber nicht zur Folge, dass es sich sich das Kind abwendet und sich selbst zuwendet, also selbst versorgt, sondern, sondern es löst tatsächlich wie so ein Art Sog aus. «Wenn ich mich nur noch mehr anstrenge, dann werden Mama und Papa aber doch diesmal wirklich positiv reagieren.» Es treibt zu noch mehr Leistung an. Und da die positive Reaktion einfach kein Garant war, führt das zu einem Teufelskreis. Und das ist natürlich ein Zustand der Angst auslöst und der uns auch verunsichert. Weil wir gar nicht wissen was richtig und was falsch ist, welche Handlung Belohnung und welche Strafe nach sich zieht. Und leider gibt es sehr viele Kinder die diese Art von Bindung erleben.
Manchmal funktionieren die Eltern und sind fürsorglich manchmal 
sind sie nur gereizt oder abwesend zeigen uns sogar die kalte Schulter. Das Kind empfindet einen starken Wunsch nach Kontrolle und erträgt Trennung umso schlechter. Es wurde ein starker Wunsch nach Aufmerksamkeit geweckt und immer weiter geschürt.
Der kann auch in einem über-angepassten Verhalten oder in einem Extrem oppositions- Verhalten tendieren. Man merkt also, einen gesunden Selbstwert aufzubauen ist hier wirklich schwierig. Außerdem ist das Kind sehr von seinem Umfeld abhängig, es kann sich nicht selber regulieren, also beruhigen. Es ist davon abhängig, dass andere Menschen die Bedürfnisse des Betroffenen erkennen und befriedigen. Sie selbst können das nicht.

Und das bringt ganz viele Probleme mit sich wenn wir heranwachsen. Weil uns ein bisschen die Leitlinie fehlt von richtigen Verhalten. Außerdem bekommen wir ein falsches Verständnis von Liebe. Liebe sollte mit
Fürsorge einhergehen. Natürlich dürfen Eltern auch mal gereizt sein, aber das Gros an Verhalten ist: ich bin da für dich, ich zeige meine Fürsorge, ich interessiere mich wie es dir geht und ich versuche zu verstehen wie es dir geht.

Durch die Ambivalenz entsteht eine ungesunde Mischung: Dopamin und Adrenalin/Cortisol, also gleichzeitiges Freisetzen von Glückshormonen und Stresshormonen. Und dann ist es nicht verwunderlich, dass wir uns in zukünftigen Freundschaften und Beziehungen nach dieser Mixtur sehnen, weil ja nur das die echte Liebe ist die wir sie kennen. Und dann landen wir bei irgendwelchen Partnern, die uns ausnutzen, die uns vielleicht sogar misshandeln, die uns manipulieren und die einfach
nicht gut für uns sind. Gleichzeitig meinen wir aber, dass es die große Liebe sei und halten daran fest.

Typ D = Desorganisierte Bindung

Bei der desorganisierten Bindung haben wir eine komplett ungesunde Bindungserfahrung gemacht. Wir haben ein ständiges Hin und Her zwischen dem Wunsch nach Nähe und dem Wunsch nach Distanz. Bei der Trennung von der Bezugsperson zeigen Kinder ganz bizarre Verhaltensweisen, wie das hin und her Schaukeln, fast dissoziiert wirkend, sich im Kreis drehen oder komplett emotionslos sind. Hier sind die Kinder wirklich vor Angst wie gelähmt und erstarrt und überfordert.

Bei Stress herrscht ein starkes Gefühle von Ohnmacht, Überwältigung, Hilflosigkeit und Kontrollverlust.

Dieser Typ ist zum Glück eher selten, weil sie in der Regel mit starker Misshandlung einhergeht. Also Bezugspersonen, die dem Kind lebensbedrohliche Gewalt zufügt und es gleichzeitig allein versorgt. Für so ein Kind gibt es also keine Emotionale Rettung, weil beide Zustände: Nähe und Trennung, stark angstbesetzt sind.

Hier haben wir ganz hohes anhaltendes Stresslevel, das auch ins Erwachsenenalter mitgenommen wird.  Hier sind natürlich soziale und psychische Probleme vorprogrammiert.

Was können wir also tun, wenn wir keinem sicheren Bindungstyp angehören?
Leider beginnt der Weg mit einer Aufräumarbeit. Denn die alten Bindungsmuster wurden über viele Jahre, wenn nicht Jahrzehnte erlernt, also falsch trainiert. Wir müssen es also neu und richtig einüben.

Und wir müssen diese neue Bindung aus uns selbst heraus bilden, denn wir können nicht aus dem Außen diese Anerkennung, diesen Trost, diese Fürsorge, die unsere Eltern uns nicht in dem Maße geben konnten die wir gebraucht hätten, geben lassen.

Zum einen, weil das Umfeld damit überfordert wäre, weil es das gar nicht auffangen kann. Wir sind nämlich keine Kinder mehr, sind nicht symbiotisch mit einem anderen Menschen verbunden, wie es mit den Eltern war und hätte sein sollen.

Zum anderen weil wir uns total abhängig machen würden. Denn was, wenn die andere Person dann gerade nicht da ist? Dann würde ja ständig unsere Welt wieder zusammen brechen. Trotzdem brauchen wir ja als Erwachsene mit schwachen Bindungserfahrungen, ein Mehr an Zuwendung. Und hier kommt eine wichtige Sache ins Spiel und das nennt sich «REPARENTING».

Das heißt ich rudere quasi noch mal zurück und hole mir dieses behütet sein, wie damals von den Eltern/parents wieder zurück. Und zwar indem ich anfange mich selber noch mal zu betüteln, mir selber ein Gefühl von Geborgenheit zu geben.

Und das zu erlernen ist ein Prozess, das können Sie nicht an einem Wochenende lernen oder so.

Denn ich habe immer wieder erklärt, was wir wiederholen, was wir lernen, das bildet Bahnen/ neuronale Netzwerke in unserem Gehirn. Und damit das eine zuverlässige Gehirn Autobahn wird, also eine solide ausgebaute Straße für uns die uns auch Sicherheit gibt und die uns auch wenig Energie kostet, müssen wir es üben üben üben, trainieren
trainieren trainieren.

Gerade am Anfang wird das nicht immer klappen. Wir haben ja noch gar kein Konzept wie das gehen soll – sich selbst betüddeln, versorgen. Was soll das sein? Das haben wir ja nie kennen gelernt.

Wir werden die Momente verpassen, wo wir uns hätten selber betüddeln müssen und manchmal würden wir sie rechtzeitig erkennen, haben aber keine Lust, weil wir einfach wollen, dass es von außen kommt, weil es doch so viel einfacher (vermeintlich) ist. Und es ist natürlich auch ein bisschen ungerecht, denn hätten unsere Eltern uns nicht verkorkst, dann müssten wir jetzt nicht diesen Scheiß machen. Stimmt alles. Gleichzeitig wollen wir ja nicht, dass unser Leben ein Trostpreis bleibt, sondern wir wollen es in vollen Zügen leben und genießen.

Deshalb, wenn Sie merken, Sie könnten nicht-sichere Bindungserfahrungen gemacht haben, lade ich Sie ein, gehen sie über die Bücher, nehmen Sie sich Zeit, suchen Sie sich Hilfe und gehen sie mutig Schritte, damit Sie aus dieser negativen Spirale austreten können.

Das wünsche ich mir von Herzen für Sie.

Ihre
Christina Benner