7 Tipps zur Trauerbewältigung

Im ersten Teil dieser Trauerserie, ging ich auf die Theorie hinter der Trauer ein und stellte 3 Modelle vor, die uns versuchen die Trauer näher zu bringen und zu erklären. Wenn Sie das noch nicht gesehen haben oder wenn Sie sich generell noch nie damit beschäftigt haben, dann bitte ich Sie, nehmen Sie sich die Zeit und schauen Sie es sich wirklich an. Alleine schon die Beschäftigung damit wird Sie ruhiger machen und Ihnen mehr Halt geben. Es lohnt sich, diese Zeit zu investieren.

Wenn ich von Trauer spreche, dann fasse ich den Begriff sehr weit. Trauer empfinden wir nicht nur, wenn jemand stirbt sondern auch wenn etwas ein Ende findet. Das kann eine Beziehung oder Freundschaft, ein Lebensabschnitt, die Pensionierung oder der Auszug der Kinder sein. Immer wenn etwas zu Ende geht und ist, dann kann Trauer bei uns aufkommen. In den Beispielen beziehe ich mich aber auf den Verlust eines Menschen – Sie können es auf Ihre eigene Situation adaptieren.

Trauer ist in der Regel schmerzhaft. Es gibt keine schöne Trauer, denn die Psyche leidet. Menschen sind so gestrickt, dass sie Veränderung scheuen. Das ist ein Schutzmechanismus. In einem anderen Video gehe ich intensiv darauf ein, wie Sie es schaffen Veränderung umzusetzen, trotz dem Widerstand ihres Umfeldes. Link.

Schmerz ist etwas, dass wir als unangenehm und bedrohlich empfinden. Das Schwierige bei der starken Trauer ist aber nicht der Schmerz, sondern diese Orientierungslosigkeit, die Ohnmacht, das Überfordertsein mit der Situation. In unserem vertrauten und vermeintlich sicheren System, indem wir uns bewegt haben, ist brutal eine Lücke gerissen worden. Diese kann nicht ersetzt werden – die bleibt. Und das ist nicht nur emotional bedrohlich, sondern das spüren wir auch physisch – der Körper ist im Ausnahmezustand. In der Psychologie nennen wir das sympathische Aktivierung. Sympathisch nicht von angenehm, sondern von Sympathikus – dem Nerven der im Körper für Aktivierung, Stress, Kampf, Flucht, aber auch Freude zuständig ist. Deshalb ist es für unseren Körper sehr anstrengend, wenn der Sympathikus im Dauermodus läuft. Und das ist in der Krise – in der Trauer der Fall.

Trauer ist für den Körper maximaler Stress. Der Körper sendet entsprechende Hormone und Botenstoffe aus. Unser biologisches System leidet mit uns. Deshalb ist es auch einfach nur logisch , dass wir schlecht schlafen, vielleicht Kopfschmerzen, Verspannungen haben – uns einfach elend zumute ist – rein körperlich gesehen. Psychisch natürlich sowieso.

Es ist zu Beginn einer Trauer, so leid es mir tut, sehr unwahrscheinlich, dass Sie sich gut genug selbst regulieren, betüddeln, beruhigen können, um sich einigermaßen gut zu fühlen.
Das ist ein Zustand der von Schock begleitet ist und es ist einfach nicht möglich sich am Anfang einigermaßen zu entspannen, runter zu fahren, zu erholen. Das ist für diese Situation normal.

Das zu wissen kann durchaus eine Erleichterung sein, weil man weiß, dass es dazu gehört, dass es einfach ein Übel ist was eine Trauer mit sich bringen kann. Ein Trost ist, dass der Zustand nicht so lange anhält.

TIPP 1: Machen Sie sich immer wieder bewusst: was ich jetzt fühle ist normal für die Trauer, es ist temporär und geht wieder vorbei.

Danach ist es zwar immer noch furchtbar aber wir werden wieder handlungsfähig. Das ist in der Regel der Zeitpunkt wo wir anfangen uns nach Hilfen umzuschauen und vielleicht schauen Sie gerade deshalb jetzt dieses Youtube-Video.

TIPP 2: Selber aktiv zu werden, selber aktiv zu suchen, um seine eigene Situation zu verbessern, das ist für die Psyche bereits ein Signal. Wir kommen aus der der Starre heraus und gehen in eine Aktivierung. Aktivierung bringt Sie immer hin zu einem besseren Zustand, es gibt für die Psyche keinen schlimmeren Zustand als die Erstarrung, als die Ohnmacht.

Natürlich können Sie den Verlust nicht wegmachen, aber indem sie sich darum kümmern, dass es Ihnen besser geht, wird es Ihnen allein deshalb schon besser gehen. Also noch bevor sie überhaupt irgendetwas von den ganzen Empfehlungen angewandt haben. Deswegen habe ich Ihnen das erste Video mit dem Theorie-Teil so sehr ans Herz gelegt, weil es Ihnen schon bessergehen wird, wenn Sie die Zusammenhänge verstehen und das Ganze für Sie handhabbarer macht.

Das ist auch mit ein Grund, weshalb ich diese Videos produziere, senn sie dienen dazu, dass Sie sich besser fühlen und zwar möglichst zeitnah.

Wenn man frisch in der Trauer ist, ist es utopisch komplette Erholungszustände erreichen zu können. Das muss ich Ihnen leider so deutlich sagen. Was Sie sich aber schaffen können, sind

TIPP 3: «Erholungs-Inseln» schaffen. Kleine Töpfchen die sie nähren. Und was das sein kann, das ist sehr, sehr individuell. Es kann sein, dass sie Rückzug benötigen. Und das jetzt komplett unabhängig davon ob sie introvertiert oder extrovertiert sind. Dazu werde ich noch mal ein gesondertes Video machen.
Vielen ist es eine Hilfe, wenn andere Menschen anwesend sind. Leider ist es so, dass die allermeisten Menschen mit Trauer nicht umgehen können weder mit ihrer eigenen Trauer noch anderen trauernden Menschen. Sie fühlen sich unbeholfen, wissen nicht was sie sagen sollen, sagen das Falsche – auch das ist mir immer wieder begegnet.

An dieser Stelle möchte ich gerne Tipps loswerden, was sie Menschen in einer Trauer sagen können und dürfen. Keiner erwartet von Ihnen, dass Sie Profi sind. Keiner erwartet von Ihnen, dass Sie über Nacht zum Trauerbegleiter mutieren. Keiner erwartet von Ihnen, dass Sie genau wissen was gesagt werden muss. Es gibt keine magische Formel und SCHWUPPS der anderen Person geht es gut. Der anderen Person wird es eh nicht gut gehen – gleich was Sie sagen. Sie können sich aber solidarisieren. Und manchmal sind es wirklich die abgedroschenen Plattitüden, die den Kern am besten erwischen. Sagen Sie:
Es tut mir so leid.
Das ist einfach furchtbar und ungerecht.
Ich kann nicht verstehen, dass er oder sie gehen musste.
Ich denke immer wieder an dich.
Ich bin da, wenn du mich brauchst.
Du darfst mir sagen, wenn ich etwas für dich tun kann.

Mehr braucht es nicht. Sie müssen nicht erst ein Buch wälzen oder irgendwelche kommunikativen Kniffe ausgraben, mehr braucht es nicht. Es geht bei der Anteilnahme nicht darum irgendwie clevere Formulierungen anzubringen, sondern eine Herz-zu-Herz-Kommunikation herzustellen. Und wenn Sie möglichst gewaltfrei sprechen – das können wir uns alle angewöhnen, dann machen Sie ich-Botschaften, weil man bei du-Botschaften in Gefahr läuft, dass man ins Werten reinrutschen. Und ja, nicht alle Menschen können Herz-zu-Herz-Kommunikation betreiben. Wenn Sie das bei sich merken, dass Sie sehr verkopft sind oder dass sie einfach gerade nicht mit dieser Trauernden Personen mitschwingen können, das ist ja auch legitim, dann sagen sie einfach es tut mir sehr leid. Hören Sie auf zu reden.

Umgekehrt wenn Sie in der Trauernden Position sind, müssen Sie sich nicht alles anhören. Manche Menschen sagen gut gemeint wirklich verletzende Dinge. Ich hatte einen Professor der gesagt hat: das Gegenteil von gut ist gut gemeint.

Wenn wir trauern und im Ausnahmezustand sind dann sind wir besonders dünnhäutig. Dafür können wir nichts und unser Gegenüber auch nicht. Trotzdem können uns auch ganz einfache unspektakuläre Äußerungen furchtbar treffen oder lange beschäftigen oder aufbringen oder traurig oder wütend machen.

Haben Sie bitte nicht an sich den Anspruch an sich, dass sie jetzt normal reagieren müssen. Der Zustand ist nicht normal – Sie sind in einer Krise, Sie sind in einer Ausnahmesituation, da brauchen Sie auch nicht vernünftig oder beherrscht reagieren. Und wenn es Ihrem Umfeld zu viel wird, dann dürfen die sich zurückziehen. In Kontakt zu gehen ist unter Erwachsenen immer freiwillig. Jeder ist für seinen Schutz zuständig.

TIPP 4: setzen Sie sofort eine Grenze, wenn ein Gespräch in eine ungute Richtung abdriftet. Und ja das kann manchmal schwer sein, weil man so überrumpelt ist und einfach nicht damit gerechnet hat. Gerade auch wenn Sie merken, dass die andere Person jetzt schön Erinnerungen nachspüren möchte und für Sie ist immer noch Horror an der Tagesordnung. Sie müssen sich das nicht anhören und ja manchmal ist man unvorbereitet. Wenn Sie es schon vorausahnen können -nseien Sie gewappnet und brechen Sie das Gespräch ab.
Sie haben in jeder Lebenssituation das Recht zu sagen, «Stopp das will ich nicht hören.»

Auch hier müssen Sie sich keine tollen Sätze ausdenken oder gute Argumente finden. Sagen Sie einfach «Stopp – nicht jetzt.» Und wenn jemand dieses Stopp überschreitet, dann drehen Sie sich um und gehen Weg. Und machen Sie sich bitte keine Sorgen ob sie unhöflich sind. Eine Grenze zu überschreiten ist ein NoGo in jeder Situation und man darf sich schützen und man muss nicht erst noch fünfmal bitte sagen, bis diese Grenze eingehalten wird.
Das ist wirklich my daily business, dass ich Klienten und KlientInnen überzeugen muss, dass Sie jetzt bitte nicht die liebe nette irgendwer sind, und das gehört sich so und so – und so muss ich reden, NEIN! Wer Sie mit Schlamm bewirft, dem müssen Sie keine Perlen hinhalten. Und sie dürfen sich abwenden. Und wenn die Person damit nicht klarkommt, dann kommt sie damit nicht klar. Hauptsache Ihnen geht es nicht noch schlechter.
Überhaupt werden Sie merken, dass Sie in einer Krise immer sehr bemüht darum sein müssen Energie bei sich zu behalten. Weil sehr viel Energie fremd gebunden ist und ihn nicht zur Verfügung steht. Im Schmerz, im Schock. Deswegen auch dieses Suchen von Inseln.

Im weiteren Prozess Trauer ist es auch ganz wichtig

TIPP 5: die Trauer einzurahmen. Also am Anfang beherrschte wirklich fast 24 Stunden diese grauenhafte Realität, diese schmerzhaften Gedanken. Es gibt für Sie nur ein Thema – der Verlust. Am Anfang kann man sich ganz schwer dagegen wehren, deshalb habe ich auch am Anfang den Fokus gelegt auf jetzt auftanken wo auch immer wie auch immer möglich.

Einrahmen heißt, ich setze eine heilsame Grenze für die Trauer – ich gebe ihr einen Rahmen, einen festen Platz und eine feste Zeit.

Also stellen Sie sich das ein bisschen so vor: Ihr Leben ist ein Sideboard mit vielen kleinen Schubladen und Sie wählen den Moment aus, wenn Sie die Schublade «Verlust» rausziehen und dann widmen Sie sich ihr und nur ihr!

Machen Sie es wirklich, versuchen Sie diesen Schritt nicht auszulassen – Sie müssen sich der Trauer stellen, sonst verschleppt sie sich und Sie riskieren wirklich körperliche und psychische Erkrankung. Also widmen Sie sich ihr und am Anfang ist das sicher mehr – also eine längere Zeit – und das wird nach und nach weniger.

Wie könnte diese eingerahmte Trauerzeit aussehen?

  • Zünden Sie vielleicht eine Kerze an
  • schauen sich das Bild der Person an
  • geben Sie dem einfach Raum und schauen was kommt.
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Was kommen kann das habe ich ihn im Theorie Teil erklärt. Es kann Fassungslosigkeit kommen, Ohnmacht, Wut, Verzweiflung, dass Sie in Tränen ausbrechen. Alles okay, alles erlaubt, limitieren Sie sich da nicht nehmen Sie sich Zeit und schützen Sie sich indem sie ungestört sind.

Und nachdem dieser Moment vorbei ist – das können wirklich Sie entscheiden wie lange das ist, ob das jetzt fünf Minuten sind, 15 Minuten, eine halbe Stunde, eine Stunde und dann schließen Sie bewusst diese Schublade.

Und wenn Sie das regelmäßig machen, dann drängt sich in die restliche Zeit die Trauer nicht mehr so sehr hinein, weil sie ja ihren Platz hat und sie weiß, sie kommt dran und sie kommt nicht zu kurz.

Und dann werden sich Ihre Erholungs-Inseln ausdehnen und werden langsam wieder zum Alltag – somit wird der Alltag wird der erholte Zustand und der traurige Zustand, der schrumpft bis Quasi Trauer Inseln gibt.

Vielen hilft zum Verarbeiten z.b.  

TIPP 6: das Schreiben von Tagebuch, zum therapeutischen schreiben werde ich noch ein extra Video machen. Die Heilkraft – nicht nur bei Trauer, sondern auch bei Bindungs- und anderen Traumata – konnte in Studien nachgewiesen werden. Außerdem ist es auch eine hervorragende Methode, um etwas aus dem Kopf und auf das Papier zu bringen.

Halten sie sich immer wieder vor Augen, dass die Trauer in Wellen kommt, und manchmal kommt ganz viele Wellen, mache sehr hoch.  Und dann ist wieder eine Ebbe-Zeit und Ihnen fällt auf, dass Sie schon lange nicht mehr an den Verlust gedacht haben. Diese Wellen verändern sich immer und immer wieder. An besonderen Tagen schlagen die Wellen höher. Also am Geburtstag, an Weihnachten oder an Muttertag, an den besonderen Tagen und natürlich auch am Todestag.
Früher hat man in Therapie gesagt, dass Trauer oder auch Trennung vier Jahreszeiten braucht. Also quasi, dass man ein ganzes Jahr mit allen Feiertagen an Geburtstagen einmal quasi alleine ohne die Personen oder ohne was man loslassen musste durchlebt und das ist das harte Jahr, man sich aber auch schon neu orientiert. Deswegen bin ich auch kein Freund, dass Menschen von einer Beziehung in die nächste taumeln. Es macht Sinn eine Pause einzulegen und sich wieder selbst als Single Person zu spüren. Und noch mal zu schauen was brauche ich – und erst dann wieder in das nächste «wir» zu wechseln – vom du ins wir.

Ja, ich glaube ich könnte noch sehr viel erzählen über die Trauer, weil sie so viel Raum einnimmt und weil sie so viel impact hat unserem Leben und ja wenn jemand noch keine Trauer durch machen musste, dann kann er oder sie nur sehr begrenzt nachvollziehen wie sich das anfühlt.

Sie dürfen sich da wirklich jemanden suchen, der Sie an die Hand nimmt und der sich auskennt. Das sind ganz sicherlich Therapeut/innen – auch hier muss man wieder handverlesen wer schon diese Erfahrung gemacht hat – aber auch in der Seelsorge können Sie fündig werden. Ich hatte ein ganz tolles Trauergespräch mit einer Pfarrerin, die natürlich Trauer als Daily Business hatte und die sehr viel darüber gewusst hat und mir sehr viele anschauliche Bilder liefern konnte – ihre eigenen Erfahrungen.

TIPP 7: Hilfe annehmen lernen

Das ist wirklich eine Zeit wo Sie sich tragen lassen dürfen. Gerade weil Ihre Energie ja so knapp bemessen ist. Trotzdem fällt es vielen schwer, weil normalerweise sie diejenigen sind, die andere tragen. Die vlt. Hilfe gar nicht annehmen können Gleichzeitig ist es die Chance das mal zu lernen, sich bewusst darauf einzulassen.

Und ich bin überzeugt Sie werden es überstehen, Sie werden da wieder rauskommen, auch wenn es sich jetzt überhaupt nicht danach anfühlt und auch obwohl Sie jetzt sich überhaupt nicht vorstellen könnte, dass Sie jemals wieder glücklich werden. Das gehört dazu. Das geht wieder weg – das möchte ich Ihnen gerne zusprechen.

Ich wünsche Ihnen für diesen Prozess und für dieses dunkle Tal ganz viel Kraft und ganz viele Lichtspender auf dem Weg und seien es manchmal nur ganz kleine und dass Sie den Weg nicht alleine gehen müssen, sondern dass Sie Menschen um sich haben, die diesen Weg mit Ihnen beschreiten.

Sie dürfen mir gerne eine Nachricht zukommen lassen, wie sich Ihr Trauerprozess gestaltet oder gestaltet hat und was Ihnen geholfen hat. Nutzen Sie das als Plattform mit anderen in Austausch zu kommen und auch für andere da sein zu können.

Und geben Sie anderen eine Chance dieses Video zu finden, indem Sie es weiterleiten und den Kanal abonnieren, denn so schlägt es Youtube auch anderen vor.

Es wäre toll, wenn Sie diesen Podcast bewerten und so auch anderen eine Chance geben diese Episode zu finden denn durch gute Bewertungen werden auch anderen dieser Podcast vorgeschlagen. Vielen Dank.

Auf ganz bald

Ihre Christina Benner